Hookless, Tubeless, Tubeless-Ready – die Welt der Fahrradfelgen

Sarah Finke |

Schlauch oder nicht Schlauch, Haken oder hakenlos, das sind die Fragen. Irgendwann läuft jedes Fahrradleben auf sie zu: Nämlich dann, wenn ein neuer Laufradsatz fällig ist und du dich entscheiden musst, auf welches System du setzen willst. Damit sie sich nicht zu handlungslähmenden Grübeleien auswachsen, wie einst im Falle des tragischen dänischen Prinzen, haben wir hier die wichtigsten Informationen für dich zusammengestellt. Was sind die Vor- und Nachteile der gängigen Felgentypen? Mit welchen Reifen sind sie kompatibel? Was musst du beachten, um sicher unterwegs zu sein? Du erfährst es in diesem kleinen Kompendium.

Die Hakenfelge

Beginnen wir mit dem Klassiker. Eine Hakenfelge (englisch: Crotchet) ist vermutlich jeder schon gefahren, der ab und zu aufs Rad steigt. Namensgebendes Baumerkmal ist ein kleiner Haken am Felgenhorn, in den sich die Reifenwulst einhängt (siehe Abbildung). Damit dies besser gelingt, werden typischerweise Drahtreifen kombiniert. Ihre Wulst ist durch einen Stahldraht verstärkt, der verhindert, dass das Material sich dehnt oder verformt. Die englische Bezeichnung für Drahtreifen ist Clincher, weshalb dieser Felgentyp manchmal auch Clincher-Felge genannt wird. 

Genauso gut kannst du jedoch auch Faltreifen verwenden. Hier übernehmen Kunststoffasern den Job des Drahts, was diese Reifen oft deutlich leichter macht. Da man sie, wie der Name schon vermuten lässt, falten kann, haben sie außerdem ein praktischeres Packmaß.

Klassische Hakenfelgen werden mit Tube-Type-Reifen kombiniert, also Reifen, die für den Gebrauch mit Schlauch entwickelt wurden. Doch auch Tubeless- oder Tubeless-Ready-Felgen haben oft Haken.

Skizze einer Hookless- und einer Hakenfelge

Hookless

Aber wozu eigentlich? Autos oder Motorräder kommen doch ohne aus. Und hat nicht neulich ein Kollege, seines Zeichens versierter Mountainbiker, auf das Thema angesprochen nur die Achseln gezuckt: Pfff, Hookless – fahren wir schon seit Jahren?

Stimmt und könnte so gewesen sein. Der Haken ist nämlich kein tragender Bestandteil der Felge. Er erhöht allerdings bei sehr schmalen Reifen, die mit hohem Luftdruck gefahren werden, den Absprungdruck – also den Druck, ab dem du damit rechnen musst, dass dir der Reifen um die Ohren fliegt. Deshalb war er bei Fahrradfelgen lange ein Sicherheitsfeature. Da breite Mountainbike-Reifen aber in aller Regel mit sehr niedrigem Luftdruck gefahren werden, hat sich hier auch das glatte Felgenhorn bereits bewährt.

Warum Hookless?

Die Vorteile von hakenlosen Felgen liegen zunächst in der Fertigung, und zwar insbesondere, wenn es um Carbonfelgen geht. Carbon ist kein Metall, sondern ein Gewebe aus Kohlefasern, das mit Kunstharzen getränkt wird und bei Hitze aushärtet. Filigrane Bestandteile wie die Haken einer Felge daraus zu formen, ist sehr aufwändig. Hersteller geben an, dass sie hakenlose Profile günstiger, stabiler und mit weniger Ausschuss herstellen können, was letztlich auch bedeute: umweltfreundlicher.[1]

Was Nutzer an Hookless-Felgen schätzen: Sie schnüren den Reifen nicht so stark ein wie Felgen mit Haken. Dies kann ein stabileres Fahrgefühl vor allem in Kurven bewirken. Ob du mit Hookless-Felgen Gewicht sparen kannst, ist hingegen umstritten. Ähnlich sieht es mit aerodynamischen Vorteilen aus, die sich theoretisch aus dem glatteren Übergang von Felge und Reifen ergeben könnten. Hersteller wie Zipp werben unter anderem mit verbesserter Aerodynamik für ihre Hookless-Felgen[2] DT Suiss hingegen, die insbesondere bei schmalen Felgen weiterhin auf die bewährten Haken setzen, geben an, bisher keine signifikanten Vorteile im Strömungskanal gemessen zu haben.[3]

💡 Gut zu wissen:Oft ist anstatt von „Hookless“ auch von „Straight Side“ oder TSS-Felgen die Rede. Dies steht für „Tubeless Straight Side“ und bezeichnet also hakenlose Felgen, die für einen Gebrauch ohne Schlauch geeignet sind.

Hookless und Rennrad

Im Rennrad-Bereich ist der Einsatz von Hookless-Felgen noch ziemlich neu. Er wurde dort erst interessant, als Rahmen für Scheibenbremsen und mit Platz für 28er oder sogar 30er Reifenbreiten Einzug hielten. Damit sank auch hier der gefahrene Reifendruck in Bereiche, die mit hakenlosen Profilen vereinbar waren.

Wenn Technologien neu eingeführt oder geändert werden, kommt es leider manchmal zu Zwischenfällen. Dies war z.B. auch bei Schlauchreifen der Fall, bei denen es in langen Abfahrten zu Problemen mit der Hitzebeständigkeit der verwendeten Klebstoffe kam. So gut Hersteller oder Organisationen zur Normierung wie ETRTO und ISO auch testen – es benötigt Zeit, bis Normen stabil sind.

Und damit sind wir bei Thomas De Gendt. Auf einer Etappe der UAE-Tour im Februar 2024 stürzte er plötzlich und ohne erkennbaren Grund. Zum Glück nicht gravierend, er konnte das Rennen sogar fortsetzen. Aber anschließend gingen Bilder seines zerfetzten Vorderrads durch die Radsportpresse, das damit zum Symbol für die Risiken von Hookless-Felgen insbesondere bei Rennrädern wurde.

Was war passiert? Nach Angaben seines Teams und der Ausrüster sei das verwendete Material einwandfrei aufeinander abgestimmt gewesen und ein Hindernis auf der Straße, etwa ein Stein, die Ursache für das Materialversagen. Allerdings war De Gendt wohl auf 25-mm-Felgen mit 28er Reifen unterwegs.[4] Einige Zeit zuvor hatte die ETRTO ihre Standards noch einmal angepasst und empfahl für diese Felgenbreite nun mindestens 29er Reifenbreiten.

De Gendt war also an der Grenze der laut Norm zulässigen Systemtoleranz. Beim Überfahren eines Hindernisses kann dann Folgendes geschehen: Der Reifen wird gequetscht, was dazu führt, dass der Luftdruck punktuell steigt. Und weil das System ohnehin schon am Anschlag ist, verliert er den Halt auf der Felge.

Hookless: Was du beachten musst

Dies alles soll dich nicht davon abschrecken, dich auf hakenlosen Felgen auszuprobieren, wenn du neugierig darauf bist. Es soll dich nur über die möglichen Risiken aufklären. Man könnte sagen, Hookless-Felgen sind derzeit die Diven im Felgen-Universum. Du solltest sie mit etwas Vorsicht behandeln, sonst kann es sein, dass es knallt. Aber wenn man weiß, worauf man achten muss, steht einer guten Zusammenarbeit nichts im Weg.

Berücksichtige also auf jeden Fall Folgendes:

  • Hookless-Felgen müssen immer mit Tubeless-Reifen kombiniert werden. Diese haben eine stabilere Wulst, mit der sie sich auf der Felgenschulter abstützen können. Wenn du keine Lust auf das Geschmiere mit der Dichtmilch hast (siehe hierzu unten), kannst du dieses System aber auch mit Schläuchen fahren.
  • Das Verhältnis der Reifenbreite zur Innenweite der Felge ist sicherheitsrelevant. Deshalb machen Hersteller hierzu auch immer genaue Angaben. Du findest sie entweder auf den Verpackungen, auf den Felgen/Reifen selbst oder auf den Herstellerwebsites. Nimm dir unbedingt die Zeit, sie zu recherchieren. Dann bist du auf der sicheren Seite.
  • Der angegebene Luftdruck ist zwingend einzuhalten. Bei Rennradreifen dürfen beispielsweise in der Regel 5 Bar nicht überschritten werden. Achte aber auch hier genau auf die Hinweise der Hersteller. Wenn der Reifen einen höheren Luftdruck zulässt als die Felge, musst du dich an denjenigen der Felge halten.

Tubeless und Tubeless-Ready

Auch im Hinblick auf Tubeless-Systeme kam die Innovation aus dem Mountainbike-Sport. Schon 1999 wurde der erste Tubeless-Reifen entwickelt. In den späteren Zehnerjahren hielt die Technologie auch in den Rennrad-Bereich Einzug.

Wenn es keinen Schlauch gibt, der die Luft enthält, müssen logischerweise Reifen und Felge einen luftdichten Raum bilden. Dies kann auf zwei Arten erreicht werden.

UST-Felgen

Die erste Variante wäre, dass Reifen und Felge per se eine luftdichte Einheit bilden. Hierfür benötigst du eine UST-Felge. UST steht für Universal System Tubeless. Es handelt sich um einen Felgentyp, der so gebaut ist, dass er auch ohne Felgenband dicht ist. Auf den ersten Blick erkennst du ihn deshalb am besten daran, dass er keine Bohrlöcher für die Speichennippel hat.

Diese Variante lohnt sich vor allem dann, wenn du wild entschlossen bist, nur Tubeless zu fahren, denn dafür ist die UST-Felge konstruiert. Das heißt nicht, dass du nicht prinzipiell auch ein Felgenband montieren und einen Schlauch verwenden kannst. Schaue aber sicherheitshalber einmal nach, welche Angaben der Hersteller dazu macht.

Tubeless-Ready-Felgen

Solltest du noch nicht zu einem klaren Entschluss gekommen sein, ob du dauerhaft auf Tubeless umsteigen möchtest, dann ist vielleicht eher eine Tubeless-Ready-Felge das Richtige für dich. Diese kannst du mit Schlauch fahren, aber auch jederzeit auf Tubeless umrüsten.

Und damit sind wir bei Variante zwei des schlauchlosen Setups: Reifen und Felge werden durch ein bisschen Tuning zu einer luftdichten Einheit gemacht. Das ist gar nicht schwer. Du brauchst dazu nur einen geeigneten, also Tubeless-kompatiblen Reifen, ein spezielles Felgenband (schau hierzu gern mal in unseren Artikel zum Thema Felgenband) und ein Tubeless-Ventil, dessen Fuß das Ventilloch abdichtet.

Außerdem werden alle Tubeless-Systeme mit einer so genannten „Dichtmilch“ befüllt. Diese dichtet den Reifen ab und verstopft oder polymerisiert auch unterwegs kleine Beschädigungen mit Partikeln bzw. Latex-Bestandteilen.

Die meisten modernen Felgen sind mittlerweile Tubeless-Ready. Sie haben oft am Übergang von Felgenschulter und Felgenbett einen kleinen Huckel, den so genannten Hump, damit die Reifenwulst auch bei Druckverlust dort bleibt, wo sei sein soll: Nämlich auf der Felgenschulter. Es gibt sie mit Haken am Felgenhorn oder, wie oben schon erwähnt, glatt (Tubeless Straight Side).

Vor- und Nachteile von Tubeless

Für Mountainbiker:innen ist Tubeless im Grunde Standard, zumindest wenn der Sport ambitioniert betrieben wird. Auch in den Profi-Pelotons des Straßenradsports wird seit den frühen 2020er Jahren auf Tubeless gesetzt. Das Fahrgefühl ist komfortabel und direkt. Schlauch und Reifen können nicht gegeneinander arbeiten, was den Rollwiderstand verringert. Deshalb gelten Tubeless-Systeme als sehr schnell.

Aber auch im Gelände gibt es Vorteile. Hier bist du oft mit Steinen, Dornen oder anderen spitzen Gegenständen konfrontiert, die deinen Reifen zusetzen. Weil die Dichtmilch eventuelle kleine Schäden sofort beseitigt, hast du einen guten Pannenschutz. Außerdem gibt es kein Problem mit Durchschlägen („Snakebites“), also Punktierungen des Schlauchs durch die Felge. Deshalb können Tubeless-Systeme mit sehr geringem Luftdruck gefahren werden, was dir einen besseren Grip im Gelände gibt.

Eins solltest du aber noch wissen: Um mit einem Tubeless-Setup glücklich zu werden, brauchst du schon auch ein bisschen Lust am Frickeln. Die Erstmontage kann ein paar Nerven kosten. Darüber hinaus ist auch ein Tubeless-Reifen nicht unplattbar. Völlig schlauchlos solltest du also niemals unterwegs sein; zumindest in der Trikot- oder Werkzeugtasche reist für den Fall der Fälle am besten einer mit. Alternativ kannst du auf Plugs setzen, um den Reifen zu flicken. Dafür bieten Hersteller verschiedene Reparatur-Sets an.

Egal, wofür du dich entscheidest: Du solltest auf eine Sauerei gefasst sein. Denn ist das Malheur passiert, entweicht nicht nur die Luft, sondern meist auch die Dichtmilch. Und, by the way: Die Natur freut es auch nicht gerade, wenn die Latex-Soße im Waldboden versickert. Manche Hersteller bieten deshalb biologisch abbaubare Produkte an. Liegt dir Umweltschutz am Herzen, fährst du damit vermutlich am besten.

Tubular-Felgen

Zum Abschluss darf ein weiterer Klassiker nicht unerwähnt bleiben. Jahrzehntelang dominierten sie den Straßenradsport, begleiteten Tour-de-France-Sieger und performten auf frühlingshaftem Kopfsteinpflaster: Tubular, auf Deutsch: Schlauchreifen.

Bei dieser Technologie sind Reifen und Schlauch miteinander vernäht und werden als Einheit in das Felgenbett geklebt. Tubular-Felgen unterscheiden sich deshalb in erster Linie dadurch von den anderen Felgentypen, dass sie weder ein Felgenhorn mit noch ohne Haken haben, sondern ganz und gar darauf verzichten. Sie kommen mit einer schlichten Muldenform aus. Und dies macht sie unschlagbar leicht.

Darüber hinaus haben sie eine riesige Spannbreite im Hinblick auf den Reifendruck, mit dem sie eingesetzt werden können. Du kannst sie bretthart aufpumpen, ebenso wie du sie auf unebenem Untergrund mit sehr wenig Luft fahren kannst. Ähnlich wie bei Tubeless-Systemen musst du nicht mit Durchschlägen rechnen: Es gibt ja keine Felgenhörner, die ihn verursachen können. Deshalb galten Schlauchreifen gerade bei Kopfsteinpflasterklassikern oder auch auf den italienischen Strade Bianche lange Zeit als alternativlos.

Erst in der allerjüngsten Vergangenheit ist es etwas ruhiger geworden um sie. Denn, dies wollen wir dir nicht verschweigen: In Sachen Rollwiderstand sind Tubeless-Systeme mittlerweile überlegen. Auch das Austauschen der Reifen kann etwas knifflig sein, da jedes Mal der Kleber gelöst werden muss. Stöbere aber ruhig trotzdem mal in unserem Shop danach. Vielleicht findest du ja ein Schnäppchen, das zu deinen Bedürfnissen passt.


Fußnoten

[1] Kühnen, Robert; Bauer, Kristian: Hookless-Felgen am Rennrad, in: Tour-Magazin (27.02.2024, abgerufen am 2.10.2025) . ↩ Zurück

[2] Zipp: Wie Hookless dich schneller macht (Herstellerwebsite, abgerufen am 2.10.2025). ↩ Zurück

[3] Steinhoff, Dorian: Hookless-Felgen - Wie gefährlich sind sie wirklich?, in: Gran Fondo (12.09.2024, abgerufen am 2.10.2025). ↩ Zurück

[4] Ebd. ↩ Zurück